30.06.2022, 00:58
Der Untergang der „Estonia“ gilt als die schlimmste Schifffahrtskatastrophe in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Bei den ersten Untersuchungen des Wracks werden einige Löcher im Rumpf des Schiffes entdeckt. Aber der Schaden ist laut neuen Untersuchungen weitaus verheerender als bisher angenommen. Die Untersuchung des Wracks der 1994 gesunkenen Ostseefähre „Estonia“ ergab umfangreiche Schäden. Das Loch auf der rechten Seite sei mindestens 40 Meter lang statt der bisher angenommenen 22 Meter, sagte der Chef des Mittleren Komitees, Rene Arikas, in Tallinn. Der Schaden war so groß, dass ein kleiner Unterwasserroboter in das Deck des Autos eindringen konnte. „Wir werden diesen Schaden wahrscheinlich während weiterer Studien erneut messen“, sagte Arikas laut BNS auf einer Pressekonferenz nach einer vorläufigen Studie über das Wrack. Bei den Durchsuchungen im Mai und Juni war es möglich, bis zu 15 Meter in das Autodeck einzudringen. Der Roboter fotografierte Autoteile, Plastiktüten, Kabel und Seile. Insgesamt konnte das Innere des Autodecks bis zu einer Tiefe von 45 Metern erkundet werden. Allerdings müsse dafür eine andere Technologie zum Einsatz kommen, sagte Arikas. Der nächste Schritt besteht darin, photogrammetrische Daten zu verwenden, um ein Modell der gesunkenen Fähre und des Meeresbodens zu erstellen: Mehr als 40.000 Fotos des Wracks wurden aufgenommen, sagte Arikas. Auf dieser Basis werde im Herbst ein digitales Duo „Estland“ entstehen, sagte Arikas. Bis dahin sollen auch die Ergebnisse der akustischen Messung vorliegen.
Hunderte von Menschen starben
Der Untergang der „Estonia“ gilt als die schlimmste Schifffahrtskatastrophe in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Schiff sank in der Nacht des 28. September 1994 mit 989 Passagieren auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm vor der Südküste Finnlands. 852 Menschen starben, nur 137 überlebten. Laut offiziellem Forschungsbericht von 1997 war die gerissene Vorhaut die Ursache für den Untergang. Daran bestehen aber noch Zweifel. Überlebende und Familien der Trauernden fordern seit langem die Wiederaufnahme der Ermittlungen. Im Auftrag der Opferorganisation hat ein privat finanziertes Expertenteam aus Estland im September 2021 einen Einsatz und Tauchgang in das Wrack an der Unfallstelle in der Ostsee unternommen – parallel zur behördlichen Untersuchung. Damit hatten die staatlichen Behörden begonnen, nachdem die Macher der Dokumentation im Herbst 2020 mit einem Tauchroboter Löcher im Schiffsrumpf entdeckt hatten.