Reinhard Bingener
       Politischer Korrespondent für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit Sitz in Hannover.

Angesichts dieser Schläge tragen die Magdeburger einen dicken Mentalitätsmantel, dessen erhitztes Fell nach innen zeigt. Out-of-towners sehen oft raue, strapazierfähige Haut. Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trump entspricht diesem robusten und praktischen Kerl. Der Sozialdemokrat regiert seit 21 Jahren die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt. Trump hingegen trat 2015 aus der SPD aus, weil er die Flüchtlingspolitik der damaligen Landespartei als Illusion ansah. Er wolle nicht schweigen, sagte er.

Intel investiert rund 10 Milliarden Euro

Jetzt sitzt Trump im geräumigen Büro seines Bürgermeisters und lächelt nicht mehr. Er hätte Grund, den ganzen Tag in der Halle zu tanzen. „Manchmal im Leben hat man Glück“, sagt der 66-jährige promovierte Chemiker trocken über die Ansiedlung des amerikanischen Unternehmens Intel, das in Magdeburg modernste Halbleiter produzieren will. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Rainer Hasseloff, ein 68-jähriger Physiker, formulierte es mit seiner enthusiastischsten Art etwas anders: „Heute ist ein Tag, von dem ich immer geträumt habe“, sagte Hasseloff bei der Bekanntgabe der Entscheidung . “Dieser Traum ist jetzt wahr geworden.” Die Entscheidung des amerikanischen Unternehmens könnte einen weiteren Wendepunkt für die Stadt markieren. Die von Brüssel und Berlin massenhaft vorangetriebene Errichtung eines europäischen Chipwerks ist eine der größten Neuansiedlungen in Deutschland seit Jahrzehnten. Er dominiert ganz klar Teslas neues Werk im brandenburgischen Grünheide. Intel investiert in Magdeburg rund 20 Milliarden Euro für zwei Produktionseinheiten und schafft 3.000 Arbeitsplätze, plus möglicherweise mehr als 10.000 Zuliefererjobs. Noch höher reichen die Hoffnungen in Sachsen-Anhalt: Wenn alles gut geht, könnte Intels „Mega-Fab“ im Vollausbau aus acht Produktionseinheiten bestehen. Das Investitionsvolumen für den Fall wird auf 80 Milliarden Euro geschätzt. Lutz Trümper: Bild: Daniel Pilar Magdeburg wäre dann einer der größten Hightech-Standorte Europas. Und er ist wieder aus seiner Asche auferstanden. Denn auch nach der Wiedervereinigung lebte die Stadt in dunklen Zeiten. Innerhalb weniger Jahre seien nur noch 2.000 der zuvor 46.000 Ingenieure übrig geblieben, sagte Trump. Viele Jüngere aus dem Heer der arbeitslosen Maschinisten gingen damals, während die Älteren enttäuscht zurückblieben. Bis vor wenigen Jahren herrschte in der Stadt eine spürbare Verbitterung, in der sich die Plattenbauten von den Vororten bis in die Innenstadt erstrecken.