Rund eine Stunde streiten sich die Abgeordneten an diesem Donnerstag, dann steht das erste Ergebnis der Landtagswahl 2023 fest: Die Fraktionschefin der Grünen, Katharina Schulze, wird sicher nicht Ministerpräsidentin, egal wie die Wahl ausgeht. Am Ende der Debatte stimmten CSU, Freie Wähler und AfD gegen den Gesetzentwurf der Grünen, das Mindestalter für das höchste Amt in der bayerischen Verfassung aus der bayerischen Verfassung zu streichen. Wer Premierminister werden wolle, schreibt er, müsse 40 Jahre alt sein. Ohne gefälschte Dokumente wird Schulze, 37, im kommenden Herbst kaum zur Wahl gehen. Die Altersgrenze „ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt der Sprecher der Grünen, Becher. Und er wirft einige Namen ein. Emanuel Macron, der 39 Jahre alt war, als ihn die Franzosen zum Präsidenten wählten. Sanna Marin, die im Alter von nur 34 Jahren zur finnischen Premierministerin gewählt wurde. Sebastian Kurtz? Mit 35 Jahren war er zweimal Altkanzler in Österreich. “Natürlich können Menschen unter 40 Jahren eine Regierung führen”, sagt Becher. Macron, Marin, Kurtz „treffen Entscheidungen, beherrschen Krisen und machen Fehler“, wie ältere Politiker. Nun, bei Kurz sehe man, „dass eine etwas werteorientiertere Lebenserfahrung kein Hindernis wäre“, sagt Alexander Hold (Freie Wähler).
Gute Politik ist keine Frage des Alters, sondern des „Anstands“
Wie viel Lebenserfahrung braucht ein Ministerpräsident? Diese Frage schwebt über dieser Debatte im Landtag. Und schon am Donnerstag liegt im Maximilianeum ein leichter Wahlkampfgeruch in der Luft. An dem Maskenfall, in dem die CSU-Politiker Georg Nüßlein, 53, und Alfred Sauter, 71, viel Geld verdienten, zeige sich, dass gute Politik keine Frage des Alters, sondern “Anstand” sei, sagt Becher. Außerdem könnten die Wähler selbst entscheiden, ob sie einen Kandidaten für sehr jung halten oder nicht. Die Grünen vermuten, dass die CSU vorsorglich am Mindestalter festhält, um die prominenteste und beliebteste Oppositionspolitikerin im Zaum zu halten – und Katharina Schulze als Herausforderin von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu blockieren. Müll, sagt die CSU-Abgeordnete Petra Guttenberger. Wer ein „hohes Maß an Verantwortung“ habe, brauche auch „ein gewisses Maß an Lebenserfahrung“. Deshalb gibt es auch in anderen Bundesländern eine Mindestaltersgrenze für das höchste öffentliche Amt, zum Beispiel in Baden-Württemberg, wo er 35 Jahre alt ist. Natürlich weist Guttenberger freundschaftlich darauf hin, dass dort die Grünen mitregieren, sie aber anders als Bayern “nicht unzufrieden” mit der Altersgrenze sind. Die Grünen machten sich am Ende nur Sorgen, “dass ihre Frau Schulze 2023 Spitzenkandidatin werden könnte”, sagt Guttenberger. Der FW-Hold-Abgeordnete macht auch auf Schulzes „Geburtsdaten“ aufmerksam, die den „wahren Zweck“ des Gesetzentwurfs offenbarten, „dafür reicht der gesunde Menschenverstand“. Auch Martin Hagen bezweifelt, ob die Grünen „geschickt“ seien, „die Ambitionen von Katharina Sulze zum Ausgangspunkt“ zu machen. Er hingegen sei schon 40 Jahre alt „und damit ahnungslos für die Verfolgung persönlicher Interessen“, scherzt der FDP-Fraktionschef. Es gebe weiterhin “keinen Grund”, das Mindestalter für den Posten des Ministerpräsidenten zu erreichen. Alexander der Große beispielsweise, der nicht einmal 32 Jahre alt war, “eroberte eines der größten Reiche der Antike”. Tja, da schreit jemand aus der CSU-Fraktion, nicht mal Alexander der Große wurde gewählt. Detailansicht öffnen Es bleibt dabei: Wie schon 2018 werden bei der Landtagswahl 2023 alle Wähler mindestens 18 Jahre alt sein. (Foto: Kay Nietfeld / dpa) Mit ihrem Gesetzentwurf verfolgen die Grünen am Donnerstag ein weiteres Ziel, das unter anderem beinhaltet: Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Ist das in einigen Bundesländern schon passiert, jetzt in Bayern? Jedenfalls, sagt der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Hagen. Wenn die Politik über Klimaschutz oder Schulden entscheide, dann „treffe das die jüngere Generation stark“. Absolut nicht, sagt Winfried Bausback (CSU). Ihm ist nicht klar, dass ein 17-Jähriger keinen Handyvertrag ohne Zustimmung seiner Eltern abschließen darf, sondern mit seiner Stimme indirekt milliardenschwer mitreden darf. „Unternehmergeist und Wahlfreiheit gehen bei uns Hand in Hand“, sagte der CSU-Abgeordnete Guttenberger. Das überzeugt den SPD-Abgeordneten Arif Taşdelen nicht. Das sei kein 17-Jähriger, “der sich einen Politiker kauft und ihn mit nach Hause nimmt, sondern für eine Abstimmung”, sagt Taşdelen. Richard Graupner (AfD) hingegen ist der Meinung, dass die Gesellschaft und „unsere jungen Menschen selbst vor den möglicherweise schädlichen Folgen ihres Handelns geschützt werden müssen“. Bis zum vollendeten 21. Lebensjahr gilt das Jugendstrafrecht. Manche Entscheidungen könnten “aus entwicklungsbedingten Gründen von jungen Menschen noch nicht vollständig nachvollzogen werden”. Und die Freien Wähler? Erst im Herbst 2021 schlugen sie vor, das Wahlalter bei Kommunal- und Landtagswahlen auf 16 Jahre abzusenken. Die Menschen seien noch “sehr offen” für diese Idee, sagt Alexander Hold – doch seine Fraktion der Grünen lehnt den Vorschlag noch immer ab CSU, ihr Koalitionspartner. Da sowohl CSU als auch AfD dagegen stimmen, bleibt in Bayern beim Wahlalter alles beim Alten.