„In drei Monaten werden die Menschen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können“

Stand: 17:04 |  Lesezeit: 4 Minuten 

Behörden und Netzdienste rufen Verbraucher und Unternehmen zum Energiesparen auf Verbraucher und Unternehmen werden von der Regierung zum Energiesparen animiert. All dies ist eine Folge der begrenzten Gasversorgung aus Russland. Antje Diedrichs verrät Ihnen genau, wie Privathaushalte sparen können. Hier können Sie sich unsere WELT-Podcasts anhören Die Anzeige von eingebetteten Inhalten erfordert Ihre widerrufliche Zustimmung zur Übermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten, da Anbieter von eingebetteten Inhalten als Drittanbieter diese Zustimmung benötigen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem Sie den Schalter auf „on“ stellen, erklären Sie sich damit einverstanden (jederzeit widerrufbar). Dies umfasst auch Ihre Zustimmung zur Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten an Drittländer, einschließlich der Vereinigten Staaten, gemäß Artikel 49 (1) (a) der DSGVO. Hier finden Sie weitere Informationen dazu. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit über den Schalter und Datenschutz unten auf der Seite widerrufen.
Auf einer Sonderkonferenz in Berlin zeichnete der Leiter des Bundesnetzdienstes, Klaus Müller, wegen Gasengpässen ein düsteres Bild der kommenden Wintersaison. Sie sieht auch ein neues Nord-Süd-Gefälle in Deutschland vor. Trotz hochsommerlicher Temperaturen wird Klaus Müller, Leiter des Bundesnetzdienstes, nicht müde, über den kommenden Winter zu sprechen. Er weiß, dass er ein „Partykiller“ ist. Aber es prophezeit schon jetzt, dass wir in der kommenden Heizsaison von vielen schrecklichen Einzelschicksalen von Menschen hören werden, die ihre Rechnungen aufgrund hoher Gaspreise nicht mehr bezahlen können. Müller appellierte an die Menschen, den Sommer zur Vorbereitung auf die in drei Monaten beginnende Heizsaison zu nutzen. So ist beispielsweise jede zweite Gastherme in Deutschland falsch geregelt und arbeitet damit ineffizient und klimaschädlich. Klaus Müller, Präsident des Bundesnetzdienstes, blickt pessimistisch auf die kommende Wintersaison. Auch die deutsche Energiepolitik hat Müller in den vergangenen Jahren stark kritisiert. Es sei „schwer nachvollziehbar“, dass das Land in Europa, das neben Italien stärker auf Gasimporte angewiesen ist und seinen Wohlstand auf billigem fossilem Gas aufgebaut hat, an Versorgungssicherheit „überhaupt nicht gedacht“ habe. Im Gegensatz zu Öl oder Kohle ist Erdgas von Pipelinenetzen abhängig. Lesen Sie auch Gasspeicher seien „glücklich“ an russische Eigentümer verkauft worden und seien „extrem“ abhängig von Nord Stream 1 geworden. Über Nord Stream 2 und das Fehlen von Gasterminals will er in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Dass nun Gaskraftwerke durch Kohlekraftwerke ersetzt werden müssen, ist klimapolitisch nicht gut, aber aktuell alternativlos. Am Dienstag saß Müller auf dem Podium der Berliner Sonderkonferenz „Verteidigungsdemokratie“ zum Thema „Versorgungssicherheit: Wohlstand und Werte am Abgrund?“ Wolfgang Bosbach (CDU), Susanne Mittag (SPD) und Bernhard Krüsken vom Deutschen Bauernverband diskutierten mit ihm über die aktuelle Gaskrise. Trotz sehr geringer Lieferungen aus Russland waren Deutschlands Gasspeicher zuletzt etwas überfüllt. Nach Angaben der Website der European Gas Infrastructure Company (GIE) in der Nacht zum Montag waren die Speicher zu 60,26 Prozent gefüllt. Lesen Sie auch In der Gasversorgungskrise
Müller sagte, es sei etwa acht Prozentpunkte besser als im Vorjahr. Das liegt aber auch daran, dass das vergangene Jahr eines der schlechtesten in der Geschichte der deutschen Gasspeicherung war. Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist dies nicht gut genug.

Die Gasspeicherung gleicht Schwankungen aus

Die Bundesregierung strebt an, die Speicher bis Anfang November zu mindestens 90 Prozent zu füllen. Ob dies angesichts begrenzter Lieferungen und der drohenden Gassperre Russlands gelingen wird, ist fraglich. Der Gasspeicher gleicht Schwankungen im Gasverbrauch aus. Als eine Art Regulierungssystem sind sie wichtig für den Energiemarkt. Ihre Bedeutung ist jedoch begrenzt. Denn selbst wenn die Gasspeicher komplett gefüllt wären, würden ihre Mengen keinesfalls für die gesamte Heizperiode ausreichen. Nach Schätzungen des Bundesnetzdienstes würden Gasspeicher auch ohne russisches Gas mitten im Winter nur zweieinhalb Monate brauchen, um den Bedarf zu decken. Deutschland sucht daher händeringend nach anderen Importmöglichkeiten, etwa Flüssigerdgaslieferungen über schwimmende Terminals an der Nordseeküste.

Neue Nord-Süd-Hanglage

Vier davon hat die Bundesregierung gechartert. Müller rechnet damit, dass zwei der vier Terminals in diesem Winter an der Nordseeküste landen werden. Derzeit wird daran gearbeitet, dass diese Terminals mit „Tesla-Geschwindigkeit“ an das deutsche Gasnetz angeschlossen werden können. Müller rechnet damit, dass es in Deutschland künftig eine neue Nord-Süd-Spaltung geben wird. Gas kommt künftig aus Norwegen über die Niederlande und Belgien. Müller sagte, er führe derzeit “angespannte” Gespräche mit Unternehmen aus Politik und Wirtschaft aus Baden-Württemberg, Hessen, Bayern und Sachsen. „Denn Gas ist ein fließender Rohstoff. „Es ist nicht immer und überall verfügbar“, erklärt Müller. Lesen Sie auch Dies ist nichts weniger als eine “grundlegende Umkehrung” der Rohstoffströme in Deutschland, die zu sehr hitzigen Diskussionen führen wird. Bei einigen ändere sich etwas, auch bei denen, die “in den letzten Jahren sehr ungezogen und selbstbewusst waren, weil sie in einer sehr günstigen geografischen Lage gelebt haben”. Müller kündigte zudem an, dass der Bundesnetzdienst den Markt so weit wie möglich dominieren lassen wolle. Die Industrie weiß immer noch besser, wo sie Gas verwenden soll oder nicht. Lesen Sie auch