07.04.2022, 19:02 Uhr
Es soll Deutschland ein Stück unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen, jetzt darf es auch gebaut werden: Die Gewerbeaufsicht in Oldenburg erteilt die Genehmigung für den Bau des LNG-Terminals in Wilhelmshaven. Und das könnte jetzt ganz schnell gehen. Deutschlands erster Terminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) als Ersatz für russische Pipeline-Lieferungen in Wilhelmshaven kann jetzt gebaut werden. Das Oldenburger Gewerbeaufsichtsamt hat das Projekt laut Energieunternehmen Uniper genehmigt. Die Agentur sagte, sie habe am Freitag die Erlaubnis erteilt, mit den frühen Arbeiten am Pier und an Land zu beginnen. Uniper-Vorstand Holger Kreetz und Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies sagten, dass dank der hohen Geschwindigkeit nun mit der Installation der ersten Anlagen auf dem zunächst schwimmenden LNG-Landeplatz begonnen werden könne. Uniper strebt an, das Terminal bis zum Winter betreiben zu können. Als Stichtag spricht die Landesregierung vom 21. Dezember. Vorstandsvorsitzender Klaus-Dieter Maubach verwies auf die Bedeutung des Projekts für die Gasversorgung. Es wird befürchtet, dass Russland bereits reduzierte Verkäufe in die Bundesrepublik weiter einschränken oder stoppen könnte. LNG ist verflüssigtes Erdgas unter hohem Druck, kann per Schiff transportiert werden und soll zukünftige Ausfälle von konventionellem Gas ausgleichen. Normalerweise dauern Projekte dieser Größenordnung deutlich länger bis zur Beantragung und Genehmigung – im Falle von Stromtrassen oder neuen Windrädern nennen Kritiker dies als Grund für die teils verzögerte Umsetzung. Maubach sagte, die im Fall Wilhelmshaven erreichte Geschwindigkeit sei nicht selbstverständlich. „Sie zeigt vor allem, was möglich ist, wenn Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zusammenkommen.“ Durch das Terminal sollen jährlich bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas transportiert werden. Dies entspräche rund 8,5 % des derzeitigen deutschen Erdgasbedarfs. Die erste Rammung erfolgte am 5. Mai. Weitere Anlagen sollen in Stade bei Hamburg und Brunsbüttel in Schleswig-Holstein entstehen.
Umweltverbände befürchten eine geringere Auslastung
“Wir sind sehr froh, dass es jetzt gut läuft”, sagte Lies. Umweltverbände äußerten jedoch große Besorgnis. Sie befürchten, dass angesichts des Zeitdrucks bei ökologischen Bewertungen die notwendige Vollständigkeit nicht gegeben sein könnte. Die Deutsche Umwelthilfe hatte beklagt, dass das genaue Ausmaß des Bedarfs an LNG-Terminals nicht ausreichend nachgewiesen worden sei. Er sprach von einem „Blindflug in der Klimapolitik“. Lies versicherte, dass mehr Tempo nicht weniger Genauigkeit bedeute: „Wir sind verpflichtet, alles zu prüfen, und zwar sehr sorgfältig. Den Prozess in einzelne Schritte zu zerlegen, spart Zeit – was aber auch manche Umweltschützer misstrauisch macht. Lies betonte, dass die Öffentlichkeit angemessen beteiligt worden sei. Designunterlagen wurden erstellt. Bei kritischen Äußerungen oder Beschwerden sollten die Behörden reagieren. Uniper gab außerdem an, dass alle vorgeschriebenen Tests erfüllt wurden. Deutschland versucht, so schnell wie möglich unabhängig von russischer Energie zu werden. Die staatliche Gazprom schickt schon jetzt weniger Erdgas als sonst durch die Ostseepipeline Nord Stream 1. SPD-Chef Lars Klingbeil warnte vor drastischen Folgen für den Industriestandort Deutschland, sollte Russlands Präsident Wladimir Putin die Pipeline endgültig schließen. „Uns stehen dramatische Monate bevor“, sagte Klingbeil im Gespräch mit RTL und ntv. Die mehrtägigen Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 beginnen am 11. Juli. Deutsche Politiker befürchten, dass die Lieferungen nicht mehr anlaufen.