Das Europäische Parlament hat der Einstufung von Erdgas und Kernenergie als nachhaltig zugestimmt. Dem entsprechenden Vorschlag der Kommission sollte nichts im Wege stehen. Aber nicht alle Länder wollen das Votum annehmen.
Das Europäische Parlament hat den Weg frei gemacht, dass Investitionen in Erdgas und Atomkraft unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig qualifiziert werden können. Einen Einspruch gegen die sogenannte Einstufungsverordnung der Europäischen Kommission wies er zurück.
Mindestens 353 der 705 Abgeordneten müssten dagegen stimmen, um das grüne Siegel für Atomkraft und Erdgas zu stoppen. 328 stimmten dagegen, 278 dafür und 33 enthielten sich.
Das Europäische Parlament stimmt dafür, Erdgas und Kernenergie als nachhaltig zu kennzeichnen
Bettina Scharcus, ARD Brüssel, Tagesschau um 14 Uhr, 6. Juli 2022
Die sogenannten Klassifizierungsregeln für den Finanzmarkt sollen daher ab 2023 in Kraft treten. Die Klassifizierung ist ein Klassifizierungssystem, das private Investitionen in nachhaltiges Wirtschaften zur Bekämpfung des Klimawandels lenken soll.
Die Umsetzung des Kommissionsvorschlags kann noch verhindert werden, wenn bis zum 11. Juli mindestens 20 EU-Staaten, die mindestens 65 Prozent der gesamten EU-Bevölkerung repräsentieren, ihre Kräfte bündeln. Angesichts des Interesses vieler Staaten an der Nutzung der Kernenergie gilt es jedoch als unmöglich, eine entsprechende Mehrheit im Rat der EU zu erreichen.
Die Bundesregierung will nicht klagen – Österreich schon
Die Bundesregierung will die EU-Entscheidung nicht anklagen. Es bleibe jedoch die Position, dass Atomkraft nicht nachhaltig sei, sagte Regierungssprecher Stephen Hebstreit. Dies wurde auch in der EU-Kommission und anderen Mitgliedsstaaten nachdrücklich zum Ausdruck gebracht.
Österreich hingegen hat angekündigt, rechtlich dagegen vorzugehen. „Wir haben uns in den vergangenen Wochen und Monaten bereits intensiv auf diesen Fall vorbereitet und werden unsere Klage fristgerecht einreichen“, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler. Laut Gewessler wird die Entscheidung dem Green Deal und den europäischen Bemühungen um eine gute und klimafreundliche Zukunft nicht gerecht. “Das ist weder glaubwürdig noch ambitioniert noch wissenswert, es gefährdet unsere Zukunft und ist mehr als verantwortungslos.”
Laut Gewessler hat sich Luxemburg bereits bereit erklärt, an einem Rechtsstreit teilzunehmen.
treibende Kraft Frankreichs
Treibende Kraft hinter den umstrittenen Plänen ist Frankreich. Die dort klar dominierende Atomkraft verursacht zwar keine klimaschädlichen CO2-Emissionen, dafür aber radioaktiven Abfall. Auch Erdgas wird von einigen EU-Staaten wie Polen als das kleinere Übel gegenüber der noch klimaschädlicheren Kohle angesehen.
Vor der Abstimmung hatten Umweltschützer die Abgeordneten aufgefordert, gegen das neue Einstufungsgesetz zu stimmen.
Das Europäische Parlament billigt die Einstufung von Erdgas und Atomkraft als nachhaltig
Astrid Corall, ARD-Straßburg, 6.7.2022 12:49 Uhr