Das Ergebnis der Abstimmung im Europäischen Parlament wurde für offen erklärt. Die Mehrheit der Grünen, der Sozialdemokraten und der Linksfraktion sowie alle österreichischen Abgeordneten wollten Widerspruch einlegen. Die konservative EVP war gespalten. Mit der Einstufung will die EU-Kommission festlegen, welche Geldanlagen künftig als klimafreundlich gelten. Dies wird dazu beitragen, die für den Klimawandel erforderlichen Milliarden zu mobilisieren und den Weg für eine klimaneutrale EU bis 2050 zu ebnen.

Relative Treibhausgasemissionen

Die Klassifizierung betrifft hauptsächlich den Finanzsektor. Dabei wird zwischen direkten grünen Projekten wie Solaranlagen, indirekten grünen Projekten wie Speichern für erneuerbare Energien und sogenannten Brückentechnologien unterschieden. Zu diesen Brückentechnologien gehören nun Erdgas und Atomkraft. Die beiden Energieformen werden unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig im ökologischen Sinne deklariert: Kernkraftwerke müssen dem Stand der Technik entsprechen und bis spätestens 2050 muss ein konkreter Plan für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle vorliegen. Bei Gaskraftwerken ist der Ausstoß von Treibhausgasen relevant. Dass Erdgas und Atomkraft nun als „grüne“ Investitionen gelten sollen, hat bei Umweltverbänden und Österreich sowie einigen anderen EU-Staaten heftige Kritik hervorgerufen: Atomkraft ist nach Meinung mancher Experten einfach zu teuer, zu unwirtschaftlich und zu sehr gefährlich. Befürworter argumentieren unter anderem damit, dass gerade im Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg in der Ukraine für eine Übergangszeit noch eigene Atom- und Gaskraftwerke benötigt werden.

Der Vorschlag kann bis zum 11. Juli gesperrt werden

EU-Staaten könnten den Vorschlag der EU-Kommission bis zum 11. Juli blockieren. Dazu sollten sich mindestens 20 EU-Staaten zusammenschließen, die mindestens 65 Prozent der gesamten EU-Bevölkerung repräsentieren, was jedoch aufgrund des Interesses vieler Länder an der Nutzung der Kernenergie als unwahrscheinlich gilt. Vor allem Frankreich galt als treibende Kraft hinter der „grünen“ Atomkraft. Rund 70 Prozent des französischen Stroms stammt aus Kernkraft. Auch Erdgas wird von einigen EU-Staaten wie Polen als das kleinere Übel gegenüber der noch klimaschädlicheren Kohle angesehen. Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) drohte am Mittwoch nach dem Kabinett erneut mit rechtlichen Schritten. Wenn die Abstimmung den Vorschlag der Kommission unterstützt, “dann werden wir natürlich klagen”, sagte er. (ap)