Mehr als 16 Stunden stritten sich die EU-Umweltminister, einigten sich aber schließlich: Bis 2035 sollen Neuwagen in der EU schadstofffrei sein. Zuvor hatte sich auch die Bundesregierung lange für eine gemeinsame Linie eingesetzt.

Nach dem Willen der EU-Staaten sollen in der Europäischen Union ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen verkauft werden. Darauf einigten sich die Umweltminister der 27 Staaten über Nacht.

Ein endgültiger Kompromiss muss nun mit dem Europäischen Parlament ausgehandelt werden, das ein vollständiges Ende für Neuwagen mit Verbrennungsmotor bis 2035 will.

EU-Staaten haben sich dafür eingesetzt, die sogenannten Pkw-Flottengrenzwerte bis 2035 auf null zu senken. Diese Grenzwerte sind Vorgaben für Hersteller, wie viel CO2-Ausstoß Pkw und Lkw im Betrieb produzieren dürfen. Das bedeutet, dass ab 2035 keine neuen konventionellen Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden.

tagesschau live: Statement von Verkehrsminister Wissing zu Verbrennungsmotoren

28.06.2022 18:45 Uhr

Habeck: Das größte Klimaschutzpaket in Europa seit Jahren

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, sagte nach den Gesprächen, dass die „große Mehrheit der Autohersteller“ auf Elektroautos umsteige. Die EU-Kommission selbst sei „technologieneutral“. “Was wir wollen, sind Autos ohne Emissionen.” Timmermans zeigte sich skeptisch gegenüber dem Potenzial von E-Fuels: „Im Moment scheinen E-Fuels keine realistische Lösung zu sein. Aber wenn die Hersteller das Gegenteil beweisen können, sind wir offen.“

Bundesfinanzminister Robert Hubeck begrüßte die Einigung der EU-Umweltminister auf neue emissionsfreie Autos und eine Reform des Emissionshandels. „Das ist das größte Klimaschutzpaket, das in Europa seit 15 Jahren geschmiedet wurde“, sagte der Grünen-Politiker über Nacht. Die Entscheidung sei ein „mutiges Ausrufezeichen für den Klimaschutz in Europa“. Seine Fraktionskollegin Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte: „Wir setzen ein klares Zeichen, dass wir die Klimaziele erreichen müssen.“ Die Automobilindustrie bekommt die Designsicherheit, die sie braucht.

Dem widersprach der umweltpolitische Vertreter der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Peter Liese. Dem Deutschlandfunk sagte er, die EU-Kommission sei aufgefordert worden, von der geplanten Abgabe für Verbrennungsmotoren ab 2035 nur noch Ausnahmen etwa für synthetische Kraftstoffe zu prüfen. Dieser sogenannte „Erwägungsgrund“ sei jedoch nicht rechtlich bindend.

Neben den neuen Klimaauflagen für neue Pkw und Lkw haben sich die EU-Staaten auch auf einen 59 Milliarden Euro schweren sozialen Klimafonds und eine Reform des EU-Emissionshandelssystems geeinigt.Nachdem sich die Minister nun geeinigt haben, können sie Verhandlungen mit der EU aufnehmen Parlament zur Finalisierung des Klimapakets beginnen. Änderungen sind daher noch möglich.

Die FDP hatte Bedenken wegen des Abschaltens des Verbrennungsmotors

Die Bundesregierung hat in den laufenden Verhandlungen nur einen internen Kompromiss gefunden. Die EU-Kommission hat nach Angaben eines Regierungssprechers zugesagt, einen Vorschlag vorzulegen, wie nach 2035 nur noch Fahrzeuge zugelassen werden können, die mit umweltfreundlichen Kraftstoffen betrieben werden. „Das gilt laut Bundesregierung auch für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge.“ .

Die FDP hatte große Bedenken gegen den Deal über einen De-facto-Verbrennerausgang. Die Bundesregierung hat nun die Hintertür für die Kommission, einen Vorschlag zu formulieren, der auch klimafreundliche Kraftstoffe für Neuwagen mit Verbrennungsmotor berücksichtigt. Die FDP hatte darauf bestanden, dass nach 2035 auch mit Elektrotreibstoff betriebene Verbrennerfahrzeuge zugelassen werden könnten.

Weitere Verhandlungen stehen an

Die Bundesregierung hatte bereits im März zugestimmt, dem Plan der EU-Kommission zuzustimmen. Bevor die Bundesregierung einen Kompromiss erzielte, diskutierten Finanzminister Robert Hubbek und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) am Vormittag über eine gemeinsame Position der Bundesregierung.

Im nächsten Schritt sollen die EU-Staaten und das Europäische Parlament gemeinsam verhandeln. Sie müssen sich auf eine gemeinsame Position einigen, und das Parlament hatte bereits für das Verbot gestimmt. Die EU-Kommission hatte bereits im vergangenen Jahr einen Vorschlag vorgelegt, der das Ende von Verbrennungsmotoren ab 2035 vorsieht.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke, B’90 / Die Grünen, zur Linie der Bundesregierung zum geplanten EU-Verbot von Verbrennungsmotoren

Tagesschau 09:00 Uhr, 28.6.2022