Diese sollen nach den Ergebnissen früherer Studien besser schützen als bisherige Monovakzinen. Kommen sie allerdings erst relativ spät im Herbst auf den Markt, könnte sich die nächste CoV-Welle mit neuen Varianten weiter ausbreiten.

Wiederholen Sie nun die dritte Masche

Angesichts dieser Ausgangslage rät Wiedermann-Schmidt im Interview mit ORF.at allen, die bisher nur zweimal geimpft wurden, zu einer dritten Impfung. Der Experte sieht für diese Gruppe ein relativ hohes Risiko, da die Schutzwirkung nach längerer Zeit deutlich abnimmt. Und wenn sie dann bis Ende Oktober warten mussten, war das Risiko, an einer Infektion schwer zu erkranken, deutlich höher. Bei einer möglichen vierten Impfung mit einem alternativen Impfstoff im Herbst würde dies mit dem notwendigen Zeitfenster von drei bis vier Monaten gut funktionieren. Hintergrund: Die Gruppe der nur Zweifachgeimpften ist relativ groß, etwa 1,6 Millionen Menschen. Als Grundimpfung ist man aktuell erst mit drei Impfungen dabei.

Das hängt vom Immunsystem ab

Ganz allgemein betont Wiedermann-Schmidt, dass man „genau trennen muss, wer was macht“. Es bezieht sich auf die aktuellen Empfehlungen der NIG, der es angehört. Daher wird bereits für Menschen über 65 Jahren eine vierte Impfung mit der Monovakzine empfohlen. Ab diesem Alter werde das Immunsystem generell schwächer, begründet der Experte diese Empfehlung. Für Angehörige gefährdeter Gruppen wird nun ausdrücklich eine vierte Impfung empfohlen. Aufgrund ihres ohnehin geschwächten Immunsystems ist es für sie besonders wichtig, eine Infektion zu vermeiden oder sich zumindest bestmöglich vor einem schweren Verlauf zu schützen. Auf eigenen Wunsch ist eine Auffrischungsimpfung derzeit für alle Personen über zwölf Jahren vier Monate nach der dritten Impfung möglich, empfohlen wird ein Abstand von sechs Monaten. ORF/Roman Zach-Kiesling Wiedermann-Schmidt rät allen, die dies noch nicht getan haben, die Grundimmunisierung mit einer dritten Naht abzuschließen

Bivalente Impfstoffe in Zulassung

Zwei bivalente Impfstoffe – basierend auf zwei verschiedenen Covid-Stämmen, nicht nur einem wie den derzeit von Biontech und Moderna erhältlichen – befinden sich bereits im Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Laut Wiedermann-Schmidt würden Studien zeigen, dass die Zahl der neutralisierenden Antikörper deutlich zunimmt. Neben solchen Immunogenitätsstudien, die die Immunantwort messen, wird vor der Zulassung auch die Verträglichkeit eines angepassten Impfstoffs getestet. Das Schutzniveau vor einer Ansteckung oder einem schweren Krankheitsverlauf ist laut Wiedermann-Schmidt nicht Bestandteil eines solchen Zulassungsverfahrens. Einfach, weil es zu lange dauern würde und Sie im Kampf gegen das mutierte Virus noch weiter zurückfallen würden. Nach Informationen der EMA vom Donnerstag könnten diese angepassten bivalenten Impfstoffe noch zu spät für die geplanten Herbst-Impfkampagnen der EU-Mitgliedstaaten kommen. Daher zeigte die EMA eine Präferenz für Impfstoffe, die auf Basis der BA.1-Omicron-Variante entwickelt wurden, die im vergangenen Winter zu einem starken Anstieg der Infektionen geführt hatte.

Zuerst als Verstärker

Erst vor wenigen Tagen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Konsultationen mit führenden Aufsichtsbehörden – insbesondere der EMA und ihrem US-Pendant, der FDA – zur weiteren Entwicklung von Covid-Impfstoffen geführt. Auch dort wurde auf erste Daten verwiesen, die auf eine verstärkte Wirkung von bivalenten Impfstoffen hinweisen, sofern diese auch einen Mikron-Stamm enthalten. Es ist klar, dass bivalente Impfstoffe zunächst nur als Auffrischimpfungen eingesetzt werden sollten. Wenn genauere Studien zur Wirkung lägen, könnte man erwägen, sie als Erstimpfung einzusetzen.

In Zukunft vielleicht „klassische Herbstimpfung“

Auf die Frage, wie sich der Umgang mit dem Coronavirus langfristig entwickeln wird, betont Wiedermann-Schmidt gegenüber ORF.at, dass es ganz darauf ankommt, wie sich das Virus entwickelt. Wenn es so mild ist, dass eine Krankheit mit einem grippalen Infekt verglichen werden kann, muss nicht geimpft werden. Aber sie rechnet damit, dass es immer schwierige Varianten geben wird. Die Zukunft könnte eine Art “klassische Herbstimpfung” sein, wenn auch die Krankheitsanfälligkeit witterungsbedingt zunimmt. Eine Impfung kann nur erforderlich sein, wenn in einem Jahr eine aggressivere Variante auftritt.