Das Gesetz der „wirtschaftlichen Abbruchreife“ erlaubt trotz Schutz- und Denkmalschutzzone den Abriss des Biedermeier-Wohnhauses in der Kaiserstraße 31.  Die Denkmalschutzinitiative forderte eine Reform der Bauordnung.          
     30.06.2022 04.55       
     Online ab heute, 16.55 Uhr

Ursprünglich sollte das Gebäude im siebten Bezirk revitalisiert werden, doch die Vorbereitungen für den Abriss laufen bereits. Die Abrissgenehmigung wurde im Oktober 2021 erteilt. Die „finanzielle Abrissbereitschaft“ versetzt dem Gebäude einen fatalen Schlag, denn „die Kosten für die notwendige Sanierung dieses Gebäudes können nach der Sanierung nicht durch die Einnahmen aus dem Grundstück gedeckt werden“, heißt es zur Initiative Denkmalschutz. Das Biedermeierhaus Kaiserstraße 31 wurde 1803/1804 erbaut und bildet zusammen mit den Nebengebäuden Kaiserstraße 25-29 eine als Schutzzone ausgewiesene geschlossene Altstadtanlage. Bereits 1973 gewährte das Bundesdenkmalamt Schutz, zumindest für die Straßenfassade.

Biedermeierhaus vor dem Abriss

Ein Biedermeierhaus an der Kaiserstraße im siebten Bezirk wird abgerissen. Rechtlich erscheint der Abriss angemessen. Der Vorsitzende der Grünen Region und der Denkmalschutzinitiative sind dennoch enttäuscht.

Kritik am Schutz der Wiener Altstadt

Die Methode zur Berechnung der „wirtschaftlichen Abbruchreife“ ist für den Altbau sehr nachteilig. Einerseits sind die Mieteinnahmen – im Gegensatz zu Neubauten – begrenzt und andererseits können bei Neubauten in der Regel deutlich mehr Stockwerke gebaut und damit mehr Einnahmen generiert werden. Außerdem wird eine Renovierung der Fassadendekoration eingespart. Auch der dafür zuständige Altstadterhaltungsfonds kann dieses Ungleichgewicht immer weniger ausgleichen. Die Denkmalschutzinitiative fordert die Abschaffung der „Wirtschaftsreife des Abbruchs“ und damit die Beendigung dieser Abbruch- und Neubauförderung. Laut Gerhard Hertenberger von der Initiative könnte ein Großteil der historischen Architektur Wiens durch aktuelle Berechnungsmethoden verloren gehen. „Es müssen neue Wege gefunden werden, um die Altbaueigentümer zu entlasten und den Erhalt der Altstadt zu sichern“, fordert die Initiative Denkmalpflege.

Mehrere Abrisse in den letzten zwei Jahren

Viele Altbauten, die vor 1945 errichtet und vom Magistrat 19 als erhaltenswert eingestuft wurden, mussten kürzlich abgerissen werden, weil sie „finanziell abrissreif“ seien. Die Gebäude Kranzgasse 24 (15. Arrondissement), Gudrunstraße 120 (10. Arrondissement), Krieglergasse 12 (12. Arrondissement) und Leopoldauer Patz 9 und 11 (Schutzzone) sind seit August 2020 abgerissen.