02.07.2022 02:01 Uhr
Der Chef der Bundesnetzagentur mahnt, Verbraucher sollten dringend ihre Heizungen reparieren und diese Arbeiten Technikern überlassen. Schließt Russland den Erdgashahn komplett ab, sind Privathaushalte besonders geschützt – ganz ausschließen können die Behörden eine Versorgungsunterbrechung aber nicht. Der Vorsitzende der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, befürchtet einen kompletten Ausfall der russischen Gasversorgung – und appelliert an die Bevölkerung, Energie zu sparen. Die Frage sei, ob aus der anstehenden regulären Wartung der Erdgaspipeline Nord Stream 1 „eine langfristige zivile Wartung werde“, sagte Müller den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wenn der Erdgasfluss aus Russland “einen Anreiz erhält, über einen längeren Zeitraum zurückzugehen, müssen wir ernsthafter über Einsparungen sprechen”. Die zwölf Wochen vor Beginn der Heizsaison sollten zur Vorbereitung genutzt werden, sagte er. Müller forderte alle Haus- und Wohnungsbesitzer auf, ihre Gas-Brennwertgeräte und Heizkörper schnell zu überprüfen und effektiv einzustellen. „Eine Wartung kann den Erdgasverbrauch um 10 bis 15 Prozent senken“, sagte er. “Es muss jetzt passieren und nicht erst im Herbst.” Um die Staus bei den Handwerkerterminen zu überwinden, forderte er alle Handwerker auf, sich auf Heizung und Warmwasserversorgung zu konzentrieren. Außerdem sollen Familien bereits darüber diskutieren, „ob man im Winter in jedem Raum die gewohnte Temperatur einstellt – oder ob es in manchen Räumen auch etwas kälter sein darf“. Finanzminister Robert Habeck machte am Donnerstag deutlich, dass er einen kompletten Mangel an russischen Gaslieferungen von Nord Stream befürchte. Ab dem 11. Juli drohe eine “Totalblockade von Nord Stream 1”, sagte der Grünen-Politiker. Deshalb kann es im Winter wirklich problematisch werden. Die Gasversorgung im Sommer ist gewährleistet. Die jährlichen Wartungsarbeiten von Nord Stream, die normalerweise zehn Tage dauern, beginnen am 11. Juli. Dann fließt kein Gas mehr durch Nord Stream 1. Die große Sorge ist, dass Russland den Gashahn nach der Wartung nicht wieder aufdreht.
Norwegen will mehr Erdgas liefern
Bei einer Unterbrechung der Gasversorgung sollen laut Müller Privathaushalte sowie Krankenhäuser oder Pflegeheime besonders geschützt werden. Einen Lieferstopp für Privathaushalte wollte Müller allerdings nicht ausschließen. „Ich kann versprechen, dass wir alles tun, um zu verhindern, dass Privathaushalten das Gas ausgeht“, sagte er auf Nachfrage. „Wir haben aus der Corona-Krise gelernt, dass wir keine Versprechungen machen sollten, wenn wir nicht absolut sicher sind, dass wir sie halten können.“ Müssen Industriebetriebe von der Erdgasversorgung getrennt werden, „orientieren wir uns am betrieblichen Schaden, am volkswirtschaftlichen Schaden, an den gesellschaftlichen Folgen und auch an den technischen Anforderungen des Betriebs des Erdgasnetzes“, sagte Müller. Die norwegische Regierung geht derweil davon aus, bis spätestens 2024 noch mehr Erdgas liefern zu können. „Unternehmen suchen jetzt nach Projekten, um die Gaslieferungen ab 2024 und 2025 erhöhen zu können“, sagte Terje Aasland, Norwegens Öl- und Energieminister, der Wirtschaftswoche. “Die Krise im Energiesektor wird langfristige Auswirkungen haben. Wir müssen uns darauf konzentrieren, in neue Gasförderkapazitäten zu investieren.” Norwegische Unternehmen haben noch nie so viel Erdgas vom norwegischen Festlandsockel exportiert wie jetzt. „Wir unterstützen unsere europäischen Freunde dabei, möglichst schnell unabhängig von russischem Öl und Gas agieren zu können.“